Thema: Einstieg oder Umstieg in Linux
Zielgruppe: Alle PC-Nutzer und vorzugsweise Windows-Umsteiger
Motivation: Jeder Mensch kann eine neue Welt erobern
Hinweis: Hier behandele ich „Linux“ als Distribution und nicht als Kernel.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Voraussetzungen
- 2. Welches Linux
- 3. Der weiche Umstieg
- 4. Software
- 5. Verzeichnisverwaltung
- 6. Terminal
- 7. Komponente „Mensch“
- Bildquelle
1. Voraussetzungen
Einige Dinge müssen vor dem Wechsel zu Linux klar sein.
Linux ist kein Windows-Ersatz
Aber Linux ist eine Alternative zu Windows!
Sofort beantworte ich die sehr häufig gestellte Frage: „Warum machen die Linux-Leute, das Ganze mit dem Linux nicht so, dass es wie Windows ist?“. Ganz einfach, „Linux-Leute“ wollen kein Windows! Wenn jemand mit Linux ein anderes Windows erwartet, dann liegt er damit falsch. Und niemand muss Linux nutzen.
Das „andere“ Windows heißt „ReactOS“ und will ein Windows-Ersatz sein. ReactOS besitzt keinen Linux-Kernel. Die Entwicklung läuft seit 1996 und befindet sich immer noch im Alpha-Stadium, also unbenutzbar.
Was Windows-Nutzern in Linux komplett fehlen könnte, ist das bisher beliebte Programm. Entweder gibt es das möglicherweise nicht unter Linux oder die Alternative sieht nur ähnlich aus und geht etwas anders.
Die Windows-Emulatoren oder Laufzeitumgebungen, wie Proton und wine, sind Krücken und werden nicht von den Linux-Distributionen unterstützt.
Wenn nur ein Programm aus Windows benötigt wird, kann man ein Windows als virtuelle Maschine in Linux starten. Zusätzlich kann man die Anwendung auch im seamless-Modus „direkt“ auf dem Linux-Desktop starten.
Zuletzt noch zu den schwarzen Fenstern mit heller Schrift. CMD und Batch sind überhaupt nicht mit dem Terminal und Shell vergleichbar. Aber wenn jemand einen energetischen Vergleich benötigt, das Windows-CMD ist wie Feuer machen mit Holzstab auf Holzscheit und das Linux-Terminal wäre die Photovoltaikanlage für elektrischen Strom.
Verantwortung
Wer mit Linux arbeitet, muss auch Verantwortung für sein System mit übernehmen.
- Installationen von Programmen, unter Linux „Pakete“, sind immer mit der Eingabe eines Passwortes verbunden
- Pakete werden nicht von Webseiten heruntergeladen, sondern aus verwalteten Paketlagern, unter Linux „Repositorien“
- Viele Befehle mit relevanten Auswirkungen, können nur mit Passwort gestartet werden, wie eben Installationen
- Der Administrator oder der Benutzer mit erweiterten Rechten in Linux heißt root, su oder sudo
- Ständig als Administrator, also „root“ zu arbeiten, ist unter Linux moralisch verboten
Shell
Auch wenn Windows-Nutzer die „Shell“ in Linux nicht benötigen, sollten sie aber davon Kenntnis haben. Denn ganz ungewöhnlich wird Windows-Nutzern die Trennung von Shell, so etwas wie DOS, und der grafischen Oberfläche sein.
Die „Shell“, in Linux oft die „Bash“, ist vollkommen unabhängig von der Desktop-Umgebung. Die Shell ist ein Kommandozeileninterpreter, also CLI, meist auf schwarzen Hintergrund mit heller Schrift und ohne Fenstersteuerung.
So, und nun die Wahrheit, Probleme unter Linux werden allermeist im Terminal behoben.
Desktop-Umgebung
Desktop-Umgebungen sitzen auf der Shell und können gewechselt werden und auch hinter die schwarze Shell-Oberfläche gelegt werden.
Unter Linux können verschiedene Desktop-Konzepte genutzt werden. Sie sind meist sogar gemischt. Zum Beispiel hat ein Gnome-Desktop immer ein paar Qt-Pakete, also KDE-Pakete.
Und es wird noch verrückter, statt einer Desktop-Umgebung kann man auch einen der vielen Fenstermanager nutzen, die zum Teil aussehen wie Windows 3.1, Windows 95 und so weiter. Der Vorteil, nur den Fenstermanager als Desktop-Umgebung zu nutzen ist, dass diese weniger elektrischen Strom benötigen.
Hilfe
Da Linux ein weitaus komplexeres und sehr fortgeschritteneres System ist, als Windows, bleibt es nicht aus, dass bei der Benutzung dieses Betriebssystems Fragen entstehen.
Von einem Linux-Nutzer wird erwartet, dass er erst sich selbst um eine Lösung bemüht, allein schon um die richtige Terminologie für das eventuell aufgetretene Problem zu finden.
Ansonsten haben die Foren von Debian, Ubuntu, Linux Mint, MX-Linux, Zorin, antiX und so weiter, sehr viele und detaillierte Problemlösungen parat. Zu den Foren noch, hier wird ein sehr zivilisierter und ausgesprochen höflicher Umgang mit gepflegtem Ausdruck erwartet, also beispielsweise keine kryptischen und erfundenen Abkürzungen.
Ordner-System
Wenn dem Windows-Nutzer das Verzeichnissystem unter Linux seltsam vorkommt, dann erinnere ich, dass alle zur Zeit relevanten Betriebssysteme in etwa das gleiche Verzeichnissystem besitzen, also macOS, iOS, Linux, BSD, Unix, OpenSolaris, Android und so weiter.
Dieses System der Verzeichnisse nennt sich unter Linux „Filesystem Hierarchy Standard„. Es existiert ursprünglich seit den ersten Unix-Tagen und wurde 1994 für Linux verbindlich.
Nur eben Windows kann diesen Standard nicht bedienen. Auch nicht das kommende „Windows 12“. Und so ganz nebenbei, „Windows 13“ wird nie das Licht dieser Welt erblicken.
2. Welches Linux
Die beste Linux-Distribution, kennt man erst nach mindestens zwei Jahren täglicher Nutzung von Linux.
Die einfachste Distribution ist „Xubuntu“, das ist ein Fakt!
Begründung
- Paketmanagement: Ubuntu ist ein Fork, eine Abspaltung, von Debian und das Paketmanagement von Debian
aptunddpkgist das meist verbreitetste - Internet-Hilfe: Die Unterstützung der Ubuntu-Gemeinschaft und anderer Debian-Derivaten sind sehr gut bis ausgezeichnet
- Desktop: Die XFCE-Desktop-Umgebung lässt sich mit 4 Klicks wie ein Windows-Desktop einstellen
- Programme: Die bereits unter Windows bekannten Programme sind schon vorinstalliert
- Firefox
- Thunderbird
- LibreOffice
- Taskmanager
- Systemeinstellungen
- und mehr
Die beste Linux-Distribution
Wie schon oben erwähnt, erst nach zwei Jahren wird man seine persönlich favorisierte Distribution kennen.
3. Der weiche Umstieg
Bevor eingefleischte Windows-Nutzer umsteigen, sollten diese erstmal auf einen ausrangierten PC das Linux installieren und dort Erfahrungen sammeln.
Begründung
- Linux ist nicht Windows, auch wenn es so den Anschein hat
- Linux ist anders zu benutzen als Windows, also ein Lernen ist notwendig
- Linux will anders sein als Windows, zum Beispiel: schneller, einfacher und sicherer
- Linux läuft auf einen alten PC genauso schnell, wie ein Windows auf einen neuen PC, der Grund steht in der EULA von Microsoft
4. Software
In Linux haben die meisten Programme einfach nur eine Aufgabe, das erhöht die Schnelligkeit und Sicherheit. Außerdem sind in Linux alle 40.000 Programme schon da, in den jeweiligen sicheren Repositorien und das noch ohne unerwünschte Zusatzsoftware. Ach ja, das wäre auch noch erwähnenswert, unter Linux sind 99% der Software kostenfrei und oft in exzellenter Qualität.
Open-Source-Software
Unter Linux hat sich die Open-Source-Software durchgesetzt, die meist auch noch für Windows verfügbar ist. Hier einige wenige Beispiele:
| 7-Zip |
| Angry IP Scanner |
| Apache |
| Audacity |
| Avidemux |
| Bleachbit |
| Blender |
| Bluefish |
| Calibre |
| CherryTree |
| Chromium |
| Clam |
| Ffmpeg |
| FileZilla |
| Firefox |
| Gimp |
| GParted |
| HandBrake |
| Inkscape |
| KeePassXC |
| Kodi |
| LanguageTool |
| LibreOffice |
| MariaDB |
| Nmap |
| OBS-Studio |
| OpenVPN |
| ownCloud |
| PHP |
| RustDesk |
| Scribus |
| Shotcut |
| Signal-Messenger |
| Stellarium |
| Tor-Browser |
| Thunderbird |
| VeraCrypt |
| Virtualbox-GPL |
| Visual Studio Code |
| VLC-media-player |
| WordPress |
| youtube-dl |
Aber auch Programme, die Windows einfach nicht beherrschen kann:
- Hervorragende Terminal-Programme
- Weitestgehende Automatisierung mit simplen Bash-Scripten
- Arbeiten ohne GUI und UI, also nur CLI, sehr gut für SSH-Fernwartung
- Spezielle Programm-Sprachen voll unterstützen, wie „R“
- Verschiedene Paketmanager, auch Flatpak, AppImages und weitere
- Sehr viele Terminal-Emulatoren und Multiplexer
- System-Monitoring-Tools
- Forensik-Tools
- und eben tausende weitere Programme
Windows-Programme
- Windows-Programme können nicht nativ installiert werden
- Windows-Programme sollen aus Sicherheitsgründen nicht installiert werden, ansonsten wäre ja ein Vorteil von Linux obsolet
- Microsoft, Adobe und andere proprietäre Software-Hersteller können vermutlich nicht große Open-Source-Software programmieren, nur sehr wenige kleine Projekte existieren
5. Verzeichnisverwaltung
[user1@user1-group /]$ tree -dL 1
.
├── bin -> usr/bin
├── boot
├── dev
├── etc
├── home
├── lib -> usr/lib
├── lib64 -> usr/lib
├── lost+found
├── mnt
├── opt
├── proc
├── root
├── run
├── sbin -> usr/bin
├── srv
├── sys
├── tmp
├── usr
└── var
19 directories

Ich will nicht auf Feinheiten eingehen. Nur soviel, um Größenordnungen sichtbar zu machen, Linux ist zum Beispiel bei der Vergabe von Laufwerksbezeichnungen nicht auf die 26 einzelnen Buchstaben begrenzt, wobei zwei Buchstaben schon verloren sind. Unter Linux können hunderte Festplatten verwaltet werden und dazu noch jeweils hunderte Partitionen je Festplatte.
Ein anderes Beispiel, Log-Dateien sind unter /var/log und Update-Installationsdateien unter /var/cache und so weiter. Das ist die einfache Organisation im Linux-System, alles ist immer an seinem Platz zu finden und das schon seit fast 30 Jahren.
Erst recht die „Eigenen Dateien“, unter Linux trifft dieser Begriff sogar noch eher zu, ist immer zu finden unter /home/Nutzername.
6. Terminal
$ uname -a
Linux user1-group 5.15.70-1-lts #1 SMP Fri, 23 Sep 2022 16:05:15 +0000 x86_64 GNU/Linux
Das Terminal ist einem „DOS-Fenster“ vom Aussehen ähnlich und für normale Umsteiger und Windows-Profis völlig unnötig. Alle bisherigen Aufgaben unter Windows gehen unter Linux auch mit Maus und grafischer Oberfläche.
Terminal ist was für Menschen, die wissen wollen wie etwas funktioniert oder auch mehr erwarten vom Leben mit Computern. Und wer viele Terminalfenster auf einmal benötigt, nimmt einen Multiplexer.
Eine zusätzliche Shell-Konsole, erreicht man mit der Tastenkombination „STRG + ALT + F2“ bis F6. Mit „STRG + ALT + F7“ kommt man zurück auf die letzte grafische Oberfläche.
7. Komponente „Mensch“

Hier, ein Teil meiner Erfahrungen.
Normale Anwender fluchen, weil unter Linux der bisher gewohnte Schalter links ist, statt wie in Windows, rechts oder die Ordnersymbole nicht in „Windows-Gelb“ sind. Doch für das Android-Smartphone, auch ein Linux, gibt es dieses Verdammen nicht, obwohl es ein völlig anders geartetes Konzept ist. Genauso gibt es volle Akzeptanz für den Fernseher, den Auto-Board-Computer, die gehostete Webseite, den Router, die Google-Suche, das Media-Center-Gerät, die https-Bankverbindung, den Fahrkartenautomat, das Navi-Gerät, das Digital-Radio, den Amazon-Shop, die NAS oder die Fritzbox, sind ja auch alle Linux-Geräte.
Windows-Profis sind völlig konfus, das ihr bisheriges Wissen unter Linux sehr wenig Wert hat. Dieser Minderwertigkeitskomplex baut sich in der Regel ab, mit dem Satz: „Linux ist Mist.“ und das stimmt auch, zumindest für denjenigen der das sagt.
Übrigens, Systemadministratoren von Amazon, Google, Facebook, sowie Entwickler, Hacker, Cracker, Webhoster und industrielle Progressoren haben da eine ganz andere Meinung von Linux, sie lieben dieses Betriebssystem.
Vorauseilender Gehorsam findet plötzlich keinen Boden. „Meine Bank sagt, ich brauche einen Virenscanner!“. Oder „1. Laden Sie den ‚Adobe Acrobat Reader‘ hier herunter.“
Sagen Sie Ihrer Bank, Ihr Virenscanner heißt „Linux“ und grafische Webbrowser wie Firefox und Chromium zeigen unter Linux jedes PDF-Dokument in exzellenter Qualität. Auch zum Bearbeiten von PDF-Dokumenten gibt es sehr viele Programme.
Die Erwartungshaltung von Windows-Nutzern an Linux ist mitunter: „Wenn Linux das könnte, was Windows kann, würden alle Linux nehmen!“. Das stimmt für einige Windows-Nutzer, aber dann wäre es eben auch kein Linux, also schnell, modern, sicher und kostenfrei.
Bildquelle
- Titelbild ist von mir und Logos gehören den Logo-Inhabern, Fenster zu Microsoft und Pinguin zu Linux
- Bild „Systemverwaltung“ von mir
- Bild „Komponente Mensch“ – https://pixabay.com/de/photos/online-meeting-rechner-5200440/
